Leistikows
wollte unbedingt Maler werden. Er war aber kein Naturtalent wie der von ihm
verehrte Adolph Menzel „oder der auf allen Gebieten der Malkunst
brillierende Franz Skarbina“ (M. Bröhan 1995). Aber der junge Leistikow
ließ von seinem einmal gefassten Plan
nicht ab und suchte sich Privatlehrer. Die Malerprofessoren Hermann Eschke und
Hans Gude nahmen ihn zum Schüler. Bezeichnend ist ein Brief Eschkes von 1885
(zitiert bei M. Bröhan 2008, S. 15 und
Fußnote 12):
„Walter
hat – ich sage: Gott sei Dank – kein blendendes Talent, das jede Schwierigkeit
im Fluge überwindet, dem alles spielend leicht wird, um deswillen aber häufig
zu Sorglosigkeit und Leichtfertigkeit
führt, - nein, er muß sich jeden Fortschritt mit Ernst, Mühe und Ausdauer erkämpfen, wird aber darum
nur stärker und kräftiger werden und auch an Charakter gewinnen“.
Leistikows
Lehrzeit bei Gude war 1890 beendet. Bereits 1886 stellte er seine Arbeiten auf
den Ausstellungen der Königlichen Akademie der Künste aus. Zur Ausstellung am
Lehrter Bahnhof 1890 schickte er das Gemälde „Ziegeleien am Wasser“ (1889).
Nach M. Bröhan (2008, S. 16) „ist es eine reichhaltige Komposition, in der
eine Fülle von Studien verwendet wurde, eine klar konturierte Stadtansicht
bildet den Hintergrund, die Silhouette hebt sich fein gegen den Himmel ab; die
Gebäude der Ziegelei, Menschen, Natur staffeln sich vom Mittelgrund her so zum
unteren Bildrand, dass Blumen auf einer Wiese zum Pflücken nah scheinen“.
Lovis Corinth urteilte später über
dieses frühe Bild: “Wäre Leistikow
nie über die Qualität und die Art dieses Bildes hinausgekommen, so würde er
doch immer zu den tüchtigeren Malern unserer Zeit gerechnet werden müssen“ (Corinth 1910/2000, S. 23). Das
Gemälde „Ziegeleien am Wasser“ wurde wenige Jahre später für 300 Mark von der
Dresdner Galerie angekauft und ist seit dem Zweiten Weltkrieg verschollen.
Leistikow war sehr stolz darüber. Dieses Bild ist der Ausgangspunkt für seine
weitere künstlerische Entwicklung hin zum „Wagnis einer freien
Künstlerexistenz“.
Gründung
der Vereinigung der XI ...
Walter Leistikow
und andere Maler wollten sich unabhängig machen von vorgegebenen
Rahmenbedingungen der Repräsentation ihrer Werke (Meister 2008, S. 53/54, hier
auch zitiert: Walter Leistikow: Die XI,
in: Die Zukunft. 4 (1896) 14, S. 604) „Am 5. Februar 1892 fand die Gründung
der ersten Künstlergruppe in Berlin statt. Elf Maler, darunter Walter Leistikow
(der jüngste), Max Liebermann, Ludwig von Hofmann, Hugo Vogel und Franz
Skarbina (der Älteste), beschlossen, regelmäßig in einem intimen Rahmen, also
in einer privat-kommerziellen Galerie, ihre Jahresproduktion zu zeigen. Die
erste Ausstellung der Vereinigung der XI fand im April 1892 in der Galerie
Eduard Schulte am Pariser Platz statt. Leistikow skizzierte das Gegenmodell zu
den großen Ausstellungen der Salons: Kleine Räume. Wenig Bilder, aber
auserlesen mit Strenge ja Härte. Die Präsentation der XI wurde zu dem
Ausstellungsereignis des Frühjahrs schlechthin: hoch gelobt und furchtbar
‚verrissen’. Doch die Maler waren souverän. Mit ihrem Galeristen hatten sie
einen Vertrag abgeschlossen, der ihnen künstlerische Handlungsfreiheit
ermöglichte“.
... und
der Berliner Secession
Das Ziel der
Künstler war es also, die Präsentation ihrer Werke eigenständig zu gestalten, aber sie wollten dabei kein
finanzielles Risiko eingehen und sich nicht die „Finger verbrennen“, wie
Leistikow später schrieb (zitiert nach Meister 2008, , S. 58: Walter Leistikow,
Über den Deutschen Künstlerbund und die Tage von Weimar, in:
Die Kunst für Alle.
|
19 [1903/04], S.
201-205; zitiert nach Corinth 1910, S. 71 f.). Der eigentliche Auslöser für die
Gründung der Berliner Secession war die Absage der Ausstellungskommission an
die Antragsteller, eigene Räume innerhalb des Landesausstellungsgebäudes zur
Verfügung gestellt zu bekommen, in welchen sie in Eigenregieverantwortung die
Auswahl und Hängung ihrer Werke hätten organisieren können. Den Münchner
Künstlern war dieses Privileg ab 1893 auf der Großen Berliner Kunstausstellung
gewährt worden. Die Ablehnung der Kommission, die einen schweren Misserfolg
bedeutete, führte am 19. Januar 1899 zur offiziellen Gründung der Berliner
Secession:
Die Mitglieder der Berliner Secession verpflichteten sich, nicht mehr an der
Großen Berliner Kunstausstellung teilzunehmen. Sie verpflichteten sich jedoch
nicht, aus dem Verein Berliner Künstler auszutreten. Lediglich Walter Leistikow
zog diese Konsequenzen wegen „der indifferenten, schwachen Haltung des
Vereins Berliner Künstler als Vertreter der Berliner Künstlerschaft“.
Die
Secession musste innerhalb weniger Wochen eine neue Ausstellungsmöglichkeit
organisieren, um noch im selben Jahr, 1899, mit ihrer eigenen Jahresausstellung
auf dem Markt konkurrenzfähig zu bleiben. Am 19. Mai wurde das von Hans
Grisebach & August Dinklage entworfene Interimsgebäude der Secession
vollendet, das sich neben dem Theater des Westens an der Kantstraße in nächster
Nachbarschaft zur Königlichen Hochschule befand. Zu den Kreditgebern gehörten
die beiden „Tiergartenmänner“ Richard Israel und Julius Stern, die Gemälde von
Leistikow besaßen, sowie Walther Rathenau und der Bankier Carl Fürstenberg.
Auch die Stadt Charlottenburg hat sich auf vorbildliche Weise engagiert und den
Bau überhaupt erst ermöglicht. Am 20. Mai 1899 wurde die erste
Ausstellung eröffnet. Für Leistikow war dies ein großer Erfolg.
1905 wurden die Räume des neuen
Ausstellungshauses der Berliner Secession am Kurfürstendamm 208/209 mit einer
Ausstellung des auch von Walter Leistikow geschaffenen Deutschen Künstlerbundes
eingeweiht. Im Jahre 1936 schlossen die Nationalsozialisten das Haus.
Zwei Legenden um Walter Leistikow
Die eine Legende
umkreist die Aussage, dass Leistikow von der Hochschule der Künste wegen Talentlosigkeit
als Student abgewiesen wurde, zum Walter Leistikow selbst die Verbreitung
dieses Gerüchtes offensichtlich befördert hat, weil es ihm nützlich erschien.
Sabine Meister (2008, Der Fall Leistikow – Mythen, Strategien und Erfolge, S.50–52 in:
Stimmungslandschaften...2008.) hat in eingehenden Archivstudien nachgewiesen,
dass Leistikow durch keine Prüfung gefallen war und es Leistikows eigene Entscheidung gewesen war, einen anderen Weg
als den geregelten Studiengang der Hochschule der Künste zu gehen, sondern sich
private Lehrer suchte (s.o.).
Die andere
Legende betrifft die angebliche Zurückweisung
(„Refüsierung“) des Gemäldes „Grunewaldsee“ 1898 durch die Jury der Großen Berliner Kunstausstellung, was
die Gründung der Berliner Secession
sowie Leistikows Austritt aus dem Verein Berliner Künstler zur Folge gehabt
haben soll, also zur Abspaltung
einer ganzen Künstlerbewegung geführt haben solle. Auch hier haben die
Untersuchungen von Sabine Meister (2008, S. 57-58 in: Stimmungslandschaften...)
ein anderes Ergebnis gezeitigt.
Nachdem Richard Israel das Gemälde der
Nationalgalerie als Geschenk angeboten hatte, schrieb Hugo von Tschudi (Fort.
S.4)
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