Seite 1   Westpreußen Berlin Mitteilungsblatt         Nr. 74
 

Walter Leistikow (1865-1908) aus Bromberg

– dem „Maler des Grunewalds“ zum 100. Todestag

 

Zum 100. Todestag von Walter Leistikow  am 24. Juli 2008 fand auf dem Steglitzer Friedhof an der Bergstraße eine Trauerfeier mit über 100 Gästen statt. Der Heimatkreis Bromberg der Landsmannschaft Westpreußen war dabei vertreten. Auf dem Friedhof befindet sich die letzte Ruhestätte von Walter Leistikow, Ehrengrab des Landes Berlin. Weiterhin eröffnete das Berliner Bröhan-Museum am 3. Oktober eine Ausstellung zu Walter Leistikow mit über 50 Werken des Malers, darunter Leihgaben auch aus dem Leon Wyczólkowski Bezirksmuseum in Bromberg, das erstaunlicherweise einen großen Bestand an „Leistikows“ vorweisen kann (es besitzt heute die umfangreichste  Sammlung von Werken Leistikows: von den laienhaften Anfängen des Knaben bis zum Jahre 1907 finden sich hier Gemälde, Aquarelle, Pastelle, Zeichnungen und Graphik) und Walter Leistikow ebenfalls mit einer Ausstellung ehrte, die am 20. Januar 2008 an der Danziger Straße 4 in Bromberg  ihre Pforten geschlossen hatte. Zu beiden Ausstellungen wurden sehr ansprechende Kataloge herausgebracht. Der Katalog des Bromberger Bezirksmuseum besticht durch seine hervorragenden Bild-Reproduktionen, der Berliner Katalog ist über eine große Auswahl von Abbildungen hinaus durch seine Textbeiträge zum neuesten Stand der Leistikow-Forschung für jeden unverzichtbar, der sich mit diesem Thema beschäftigt. Die Berliner Landesgruppe der Landsmannschaft Westpreußen wies bereits in Nr. 72 des „Mitteilungsblattes“ vom August 2008 auf Walter Leistikow hin (s. dort S. 5/6). Außerdem widmete das Westpreußische Bildungswerk am 11. Dezember 2008 dem Thema Walter Leistikow einen gut besuchten Vortragsabend. Bereits im Herbst 2007 hatte die kooperierende Arbeitsgemeinschaft Ostmitteleuropa e.V. unter Leitung von Reinhard M.W. Hanke den Walter-Leistikow-Wanderweg an der Löcknitz bei Erkner, im Südosten Berlins erlaufen.

 

Die Wurzeln in Bromberg

Walter Leistikow wurde am 24. Oktober 1865 in Bromberg als zweites von neun Kindern des 45jährigen Apothekers Friedrich Heinrich Karl Ludwig Leistikow und der 17 Jahre jüngeren Bertha Cäcilie Hoyer geboren. Die Mutter war die Tochter eines Apothekers aus Inowrazlaw  (seit 1904-1920, 1939-1945 amtlich Hohensalza) (poln. Inowroclaw). In den Jahren von 1863 bis 1877 schenkte sie sechs Knaben und drei Mädchen das Leben. Sie hatte als  Mitgift das Rezept einer Magenessenz in die 1861 geschlossene Ehe gebracht. Die Landschaft Kujawien, in der Hohensalza liegt, führte zu dem Namen „Kujawiak“. Dieser Magenbitter war sehr begehrt und wurde auch „Hoyerscher“, später „Leistikow-Edelbitter“ genannt und durch Herstellung und Vertrieb dieses alkoholischen Kräuteraufgusses, erzielte die Familie Leistikow beträchtliche Einnahmen.

Das Geburtshaus Walter Leistikows befand sich an der Hauptstraßenachse Brombergs, Danziger-, Ecke Elisabethstraße, am Rande des Ortszentrums. Um diese Zeit zählte die Stadt Bromberg rund 40.000 Einwohner (im Jahre

 

 

 

1910 hatte Bromberg 57.000 Einwohner, davon 84 Prozent Deutsche und 16 Prozent Polen. Die Stadt war  Hauptstadt des gleichnamigen Regierungsbezirkes in der Provinz Posen; Quelle: WIKIPEDIA v. 28.11.2008). Margit Bröhan (2008, S.12) zitiert Oskar Leistikow (S. 705 in: 14. Genealogie): „die sicheren, materiellen Verhältnisse, in denen der spätere Maler Walter aufwuchs, die lebendige Nähe von privater und geschäftlicher Sphäre, eine Hausgemeinschaft, die Verwandtschaft und Personal mit einschloss, eine Welt für sich bildeten; das vom Vater Karl Leistikow erworbene Haus spiegelte die komfortable Behaglichkeit des erfolgreichen Kaufmanns wider: ‚Ein großes Grundstück mit Wohnhaus, Hof und Wirtschaftsgebäuden  und dahinter ein sehr schön gepflegter Garten. Die Wohnung im    Hochparterre hatte sechs geräumige Zimmer, wozu im Erdgeschoss noch ein Jungenzimmer und ein Fremdenzimmer kamen. Das  Hofgebäude beherbergte die ‚Kujawiak-Fabrik’ [...]. Der Garten enthielt außer Blumenbeeten und Rasenplätzen auch ein Spalier mit    vorzüglichen Birnen, die ein Steckenpferd des Vaters waren. Eine  Gartenlaube und ein Turnreck fehlten nicht’“ 

Walter Leistikow wuchs In diesem geordneten, bürgerlichen Lebensstil auf. Mit Nachbarn verkehrte man freundschaftlich: die Beziehungen zur Familie Beleites blieben bis in unsere Tage.

Von 1872 bis 1883 besuchte Walter Leistikow das Kgl. Friedrich-Gymnasium in Bromberg, er verließ es mit der  Primareife. Noch während der Schulzeit ließ ihm die Mutter Zeichenunterricht durch den heute längst vergessenen Maler Alexander Flotow erteilen. Ostern 1883 verließ der 17-jährige Walter Leistikow seine Heimatstadt Bromberg, um in Berlin Maler zu werden. Poetisch überhöht hat er zehn Jahre später in der Novelle „Seine Cousine“ seinen Abschiedsschmerz beschrieben

Die Stadt Bromberg hat bald nach dem Tode von Walter Leistikow an seinem Geburtshaus in der Danziger Straße Nr. 25 (Meinhardt 1973, S. 399/400) eine von Karl Klimsch gestaltete Gedenktafel anbringen lassen; beides existiert nicht mehr.

 

Leistikow geht nach Berlin

Im März 1883 ging Walter Leistikow aus dem stark prosperierenden Bromberg in die überaus quirlig lebendige Hauptstadt Berlin. In seinen teilweise autobiographischem Roman „Auf der Schwelle“ (1896, S.37/38, Nachdruck 2008) schildert er eine lange Eisenbahnfahrt nach Berlin, bei der allerdings die vorbeifliegende Landschaften merkwürdig unbeachtet bleiben  (Fort. Seite 2. u. S. 4)

 


 

 

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