Seite 2 Westpreußen Berlin
des BdV noch ihre Anliegen zur besseren Einbeziehung der Organisationen
der Vertriebenen in die Förderpraxis des Bundes zum § 96 BVFG vor. Die
Bundeskanzlerin stellte fest, dass die Aufarbeitung von Flucht und Vertreibung
inzwischen zu einem breiten gesellschaftlichen Anliegen geworden ist und dass
auch die Arbeit des Bundes der Vertriebenen dazu beigetragen hat. Die Vertreter
des Bundes der Vertriebenen machten deutlich, dass es erforderlich sei, dem
breiten bürgerschaftlichen Engagement der Vertriebenenverbände auch durch die
Verbesserung der Förderpraxis Anerkennung zu zollen.
Des weitern wurde über die Lage der Deutschen aus Russland gesprochen,
die hier Aufnahme finden. Weitere Ausführungen wurden in einer schriftlichen
Stellungnahme überreicht. Hervorgehoben wurde auch, wie wichtig direkte
Gespräche deutscher Repräsentanten mit den deutschen Volksgruppen und
Minderheiten vor Ort sind.
Das Präsidium des Bundes der Vertriebenen brachte noch einmal seine
Forderung nach der Einrichtung eines Nationalen Gedenktages für die Opfer von
Flucht und Vertreibung vor.
Nachdem ich die Bundeskanzlerin schon früher darauf angesprochen hatte,
bekräftigte sie nunmehr, dass sie gerne die Festrede anlässlich des 50.
Geburtstages des BdV am 22. Oktober 2007 im Kronprinzenpalais in Berlin halten
werde. An diesem Tag werden wir das 50. Bestehen unseres Verbandes feiern und
es ist eine große Ehre und ein wichtiges Zeichen der Hinwendung zu unseren
Anliegen, dass die Bundeskanzlerin an dieser Veranstaltung teilnimmt.
Es liegt mir sehr daran, dass Sie diese aktuellen Entwicklungen kennen,
weil ich meine, dass wir auf einem wichtigen Gebiet unserer Arbeit, nämlich der
Realisierung unseres Projektes, der Schaffung einer Dokumentationsstelle in
Berlin Klarheit gewonnen haben. Ich bitte Sie herzlich, diese Nachrichten an
ihre Mitglieder weiterzugeben, weil ich aus vielen Zuschriften weiß, dass
gerade in dieser Frage ein großer Informationsbedarf besteht.
Mit freundlichen Grüßen Erika Steinbach MdB
Unsere Anmerkung
Diese Klarstellungen waren wirklich notwendig, aber es bleiben Lücken
(Dokumentationszentrum?) und ein schaler Beigeschmack: hier handelt es sich
doch vorwiegend um Interessen von Vertriebenen, die die Rückkehr in ihre Heimat
abgeschrieben haben und dauerhaft mit ihren Nachkommen in den Aufnahmeländern
wie der Bundesrepublik Deutschland bleiben wollen. Nur Vertriebene, die nicht
in ihre Heimat zurückkehren wollen, sind gute Vertriebene? Da haben wir wohl
Verständigung und Europa jahrzehntelang missverstanden!
P.S.: Wir sind gespannt, wann Frau Steinbach vom Bundespräsidenten das
Bundesverdienstkreuz überreicht bekommt, das die Hessische Staatskanzlei schon
vor länger Zeit befürwortet hat und somit schon lange überfällig ist.
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Terra sanctae Mariae. Mittelalterliche Bildwerke der Marienverehrung im Deutschordensland
Preußen. Eine Tagung der Kulturstiftung der
deutschen Vertriebenen in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Kunst- und
Kulturgeschichte der Nicolaus-Copernicus-Universität Thorn/Torun, 21. bis 24.
Juni 2007.
Eine Tagung in der ältesten Deutschordens-Stadt des Preußenlandes, so
meint man, sollte Westpreußen in großer Zahl
anlocken, aber weit gefehlt: unter den rund 60 Teilnehmern aus Polen und
der Bundesrepublik Deutschland waren die Gruppen der Deutschen in der Heimat
waren gar nicht vertreten, aus der Bundesrepublik Deutschland waren zwei
Westpreußen angereist, darunter (privat) der Bundeskulturreferent Reinhard M.W.
Hanke. Von den zwanzig Referenten kamen neun aus der
Bundesrepublik Deutschland, darunter drei von Berliner Hochschulen. Um es
vorweg zu nehmen: es war eine ausgezeichnete Tagung, die hoffentlich eine
Fortsetzung findet. Das hervorragende Gästehotel der Universität und die nicht
minder hervorragenden Simultandolmetscher
während der Tagung trugen zum Gelingen der Tagung wesentlich bei.
Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs blickte aus der Ost-nische der Schlosskirche der Marienburg an der
Nogat die riesige Figur der Gottesmutter mit weit geöffneten Augen über das
Preußenland hinweg. Die halbplastische, von goldschimmerndem, starkfarbigem
Mosaik überzogene Madonna bildete den sinnfälligsten Ausdruck für das Patronat
der Gottesmutter über den Deutschen Orden, der sich im Jahre 1190 als „Ordo
domus Sanctae Mariae Theutonicorum Ierosolimitanorum“ gegründet und 1309 die gewaltig ausgebaute Marienburg als neue
Residenz seines Hochmeisters gewählt hatte.
In Marienburg und auch anderswo ist der Bezug auf die Ordenspatronin
Maria offenkundig. Jedoch ist es im Einzelfall nicht immer klar, ob es sich bei
den entsprechenden Darstellungen und Benennungen um den Ausdruck allgemeiner
christlicher Verehrung der Gottesmutter oder um einen solchen der
Repräsentation und der spezifischen Spiritualität des Deutschen Ordens handelt
. Diese Unsicher-heit führte bisher dazu, dass Maria als Patronin der
Deutschen Ordens ebenso angesehen
wurde, wie dies bei den Nebenpatronen, der Heiligen Elisabeth und dem Heiligen
Georg, der Fall ist. Historiker und Kunsthistoriker bemühten sich nun um die
Erhellung des für das Verständnis des preußischen Ordensstaates wesentlichen
Merkmals des Marienpatronats.
In seiner grundsätzlichen historischen Einführung stellte Prof. Dr. Udo
Arnold anhand chronikalischer und urkundlicher Quellen zahlreiche Beispiele für
Mariendarstellungen als offizielle Herrschaftszeichen dar. Demnach finden sich
Bildnisse Mariens nicht nur deutlich sichtbar auf der Amtskette des
Hochmeisters, auf Siegeln, Fahnen oder gar auf Kanonen.
Prof. Dr. Mathias Müller, Mainz, zeigte am Beispiel der Marburger „Elisabethkirche“, dass der Orden
es verstand, in den Kult der Hauptpatronin den weiterer, potentiell
konkurrierender Patrone zu integrieren. Die der Heiligen Maria geweihte
Marburger Kirche ummantelt und beschützt so das Grab der jungen Ordenspatronin
Elisabeth, die im Bildprogramm der Glasfenster und des Reliquienschreins als
„similitudo Mariae“ mit der Gottesmutter in typologische Beziehung gesetzt
wird.
Die Mosaikmadonna in der Ostnische der Marienburger Schlosskirche, um
deren Deutung sich bereits etliche Forschergenerationen bemüht haben, stand
naturgemäß im Mittelpunkt mehrerer Vorträge der Tagung. Ihre Einzigartigkeit
beruht, wie Prof. Dr. Gerhard Eimer, Kopenhagen, darlegte, in kunsthistorischer
Sicht u.a. darin, dass kein weiteres Beispiel für eine mit Glasmosaik farbig
gefasste Monumentalplastik in antike oder Mittelalter bekannt ist. Immerhin
zeigen Beispiele aus dem Ordensland, wie das Widmungsbild des Bischofs Johannes
in Marienwerder, dass man sich dort auf die Mosaikkunst verstand, vielleicht
vermittelt durch im Mittelmeerraum, etwa in Apulien und Sizilien, wirkende
Ordensangehörige. Möglicherweise reichen die hier zu berücksichtigenden
Verbindungen aber noch weiter bis zu den heiligen Stätten in Palästina, wie
Prof. Dr. Albert Boesten-Stengel, Thorn/Würzburg, darlegte. Er deutete die
Marienburger Schlosskirche samt der Annenkapelle, der Grablege der Hochmeister
als „Jerusalem-Imagination“, wobei er die Mosaikmadonna anhand ihrer Gewandung
als Verbildlichung der Braut des Hohen Liedes Salomos interpretierte. Die
intellektuelle Subtilität, die sich in der Marburger Elisabeth-/Marienkirche
und in der Marienburger Schlosskirche als den ranghöchsten und künstlerisch
bedeutendsten Kirchen des Deutschen Ordens zeigt, dürfte aber kaum für die
Masse der in den preußischen Konventsburgen dienenden, theologisch wenig
gebildeten Ordensangehörigen kennzeichnend gewesen sein.
Eine Tagung zu Bildwerken der Marienverehrung in Thorn kann allerdings
nicht an der sogenannten „Schönen Madonna“,
der seit 1945
verschollenen Marienstatue der