Landsmannschaft Westpreußen e.V.
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Seite 1   Westpreußen Berlin Mitteilungsblatt         Nr. 75
 

Entstehung und Auflösung der

 „Grenzmark Posen-Westpreußen“

Von Oswald Jannermann

 

Der heute nur noch historische Begriff „Grenzmark  Posen-Westpreußen“ oder verkürzt „Grenzmark“ wird oft zitiert und verwendet, obwohl hinsichtlich der Eigenart dieser Gebiets-körperschaft  des Preußischen Staates -  also über Anfang und Ende, Umfang und Charakter  - viel Unwissenheit zu finden ist. Das führt dann manchmal zu heftigem Streit, ob zum Beispiel die  Einwohner des Kreises Deutsch Krone nun „Westpreußen“ oder „Pommern“ seien. Diese Unkenntnis aufzuklären, sollen die folgenden Ausführungen dienen.

 

Im Jahre 1816, nach dem Zusammenbruch der Herrschaft Napoleons, wurde das zwischen den preußischen Stammlanden Ostpreußen und Brandenburg gelegene Gebiet  in die Provinzen Pommern, Westpreußen und Posen aufgeteilt. Deren Grenzen bestanden dann über 100 Jahre. Im Jahre 1919 musste gemäß dem „Frieden von Versailles“ der überwiegende Teil der Provinzen Posen und Westpreußen an Polen abgetreten werden, während das westpreußische Danzig eine Freie Stadt und die östlich davon gelegenen Teile  Westpreußens – also der Stadtkreis Elbing, der Restkreis Marienburg und die Kreise Stuhm, Marienwerder und Rosenberg – als Regierungsbezirk Westpreußen zur Provinz Ostpreußen geschlagen wurden. Doch was sollte mit den sonstigen „Restgebieten“ geschehen? Es handelte sich im Wesentlichen um Teile der westpreußischen Kreise Schlochau und Flatow sowie um den westpreußischen Kreis Deutsch Krone und die Posenschen „Restkreise“ Kolmar, Czarnikau (Scharnikau) und Filehne, um den Stadtkreis Schneidemühl, sowie um die südlich der Warthe gelegenen Kreise Schwerin an der Warthe, Meseritz, Bomst und Fraustadt.

 

Die Entscheidung war für den zuständigen Preußischen Landtag nicht einfach. Zunächst bildete man aus den nördlich der Netze gelegenen „Restkreisen“ Kolmar, Czarnikau und Filehne den neuen „Netzekreis“ mit der Kreisstadt Schönlanke. Denn die Neubildung eines Landkreises war unproblematisch. Bedeutsamer, jedoch ungleich schwieriger war die Neuordnung der Restbestände der Provinzen Posen und Westpreußen. Sollten diese Restbestände Westpreußens und Posens wie bisher  z w e i  eigene  „Provinzen“ bilden ? Oder sollten die  Reste beider Provinzen  als   e i n e  eigene Provinz fortbestehen? Oder sollten sie gar auf die angrenzenden Provinzen Pommern, Brandenburg und Schlesien  a u f g e t e i l t  werden?

 

 

Die e r s t e Alternative wurde verworfen. Denn die an Brandenburg stoßenden Posenschen Kreise Netzekreis, Schwerin, Bomst und Meseritz waren einfach zu klein, waren zu dünn bevölkert und  lagen zu weit auseinander, um als neue „Provinz Posen“ verwaltet zu werden. Dasselbe galt für die Kreise Deutsch Krone, Flatow und Schlochau im Hinblick  auf eine etwaige neue „Provinz Westpreußen“.

 

Mehr Zuspruch fand die z w e i t e Alternative, beide Restprovinzen zu  e i n e r  neuen Provinz  mit dem Namen  „Posen-Westpreußen“ zusammenzufassen. Für eine solche Regelung sprach der Wunsch, zwecks Bildung einer neuen Provinz zu einer größeren Verwaltungseinheit zu kommen, aber trotzdem die seit hundert Jahren vertrauten Namen „Posen“  und „Westpreußen“ nicht untergehen zu lassen. Man glaubte ja auch in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg noch an die baldige Revision dieser „untragbaren Grenze von Versailles“ und damit an eine Wiederherstellung der alten Provinzen.

 

Die d r i t t e Möglichkeit, nämlich die Reste der früheren Provinzen Posen und Westpreußen an die Provinzen Brandenburg und Pommern  a n z u s c h l i e ß e n , fand die wenigsten Befürworter, weil das als Einverständnis mit dem „Versailler Vertrag“ interpretiert werden konnte.

 

Am Ende der Diskussion setzten sich die Kräfte der zweiten Alternative durch. Diese wollten vor allem die Provinznamen „Posen“ und „Westpreußen“  bewahren. Im Ergebnis wurde demgemäß durch das Preußische „Gesetz über die Neuordnung der kommunalen Verfassung und Verwaltung in der Ostmark“ vom 21. 7. 1922 , abgedruckt in der Preußischen Gesetzsammlung (PrGesS) 1922, Seite 171, eine neue eigenständige Provinz mit dem Namen „Provinz Grenzmark  Posen-Westpreußen“ und der Verwaltungshauptstadt Schneidemühl geschaffen.

 

Dieser Zustand, die Existenz einer räumlich lang gestreckten „Miniprovinz“, war vom Standpunkt einer rationellen Verwaltung unzweckmäßig, blieb jedoch zunächst bestehen. Es wäre aber ein Wunder gewesen, wenn die 1933 an die Macht gekommene nationalsozialistische Regierung ihn nicht sehr schnell beseitigt hätte. Das erfolgte durch das Preußische „Gesetz über die Gebietsbereinigungen in den östlichen preußischen Provinzen“ vom 21. 3. 1938, abgedruckt in PrGesS 1938, Seite 29. Gemäß § 2 wurde die „Provinz Grenzmark Posen-Westpreußen“ mit Wirkung zum 1. 10. 1938 mit der „Provinz  B r a n d e n b u r g “ vereinigt.

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