Landsmannschaft Westpreußen e.V.
Landesgruppe Berlin

Vorstand
Gewählt von der Landesversammlung  2007: Landesvorsitzender: Diplom-Geograph Reinhard M.W. Hanke (Wirsitz/Deutsch Krone),
Stellvertretende Vorsitzende: Alfred Dreher (Zempelburg), Prof. Helmut Keutner (WBW)
Schatzmeister:
 Dieter Kosbab (Rosenberg),
Hanno Schacht (Marienwerder),Gerhard Gerz (WBW) u.a.  

 

Stresemannstr. 90
10953 Berlin

Fon: 030-215 54 53
Fax: 030-2191 3077

Geschäftsstelle mittwochs 14 – 16 Uhr, Fon: 030-257 97 533                                   

Postbank Berlin,
Konto-Nr. 1199-101
(BLZ 100 100 10)

E-Post: post@westpreussen-berlin.de

 

Seite 4

Nr. 73 (03)                                           September - Dezember  2 0 0 8                                                 

22. Jahr

(Tag der Heimat 2008, Fortsetzung von Seite 2)

Sie haben den Weg der Versöhnung niemals darin gesehen, Ihr persönliches Schicksal zu verschweigen. Im Gegenteil, Sie haben gemahnt mit den Worten: ‚Wer das vielfältige Leid, die unfasslichen Geschehnisse verdrängt, macht die Betroffenen ein weiteres Mal zu Opfern.’ – Sie haben mit Ihren Berichten auch denjenigen eine Stimme verliehen, die umgekommen sind. – Der Weg zur Versöhnung und damit in eine befriedete Zukunft ist für Sie untrennbar mit der Erinnerung und dem Verstehen verbunden. – Gleichzeitig mahnen Sie immer wieder, an heutigen Vertreibungsschicksalen Anteil zu nehmen.“

   In seiner von den Kundgebungsteilnehmern mit viel Beifall aufgenommenen Festansprache führte Erzbischof Dr. Robert  Z o l l i t s c h   u.a. aus: „Ich freue mich sehr über diese Auszeichnung. Sie bedeutet eine große persönliche Ehrung. Diese Auszeichnung verstehe ich zugleich auch als Würdigung unserer Kirche – die katholischen Vertriebenenorganisationen schließe ich bewusst mit ein -, als Würdigung für die Leistungen bei der kirchlichen und gesellschaftlichen Integration von Millionen deutscher Flüchtlinge, Vertriebener und Aussiedler..., ist mir die Ehrenplakette nicht nur Anlass zur Freude und Dankbarkeit, sondern auch Auftrag und Verpflichtung, weiterhin Brücken zu bauen und Wege des Dialogs und der Freundschaft zwischen Deutschen und den Menschen in unseren europäischen Nachbarländern zu ebnen und zu festigen. – Der Tag der Heimat steht in diesem Jahr unter dem Motto: „Erinnern und Verstehen“. Ein tiefsinniges und weitblickendes Leitwort, das uns einmal mehr deutlich macht: Wir Menschen sind geschichtliche Wesen. Wir leben nicht nur aus uns selbst, wir leben nicht als abgeschottete Monaden, sondern ein großes Stück weit von dem und aus dem, was vor uns war. Zu allen Zeiten haben große Denker darauf hingewiesen, dass wir Menschen und unsere Kulturen sich ihrer eigenen Wurzeln berauben, wenn wir unsere Geschichte und die damit verbundenen Traditionen vergessen. Ein Mensch setzt geradezu seine seelische Gesundheit aufs Spiel, wenn er meint, seine Lebensgeschichte hinter sich abschneiden zu können. Was – das sei am Rande bemerkt – letztlich gar nicht möglich ist. Eine Religion entartet zur Ideologie, wenn sie sich ihres Ursprungs nicht mehr erinnert. Jede Kultur beruht auf Erinnerung. Sie beginnt mit Erinnerung. Sie will freilich immer auch darüber hinaus, ja, sie muss sich weiter entwickeln, aber sie hätte ohne diesen Anfang nicht einmal begonnen. – Die Geschichte der Menschen und Völker in Europa ist geprägt durch jahrhundertelange Gemeinsamkeiten in Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft; nicht weniger durch eine Fülle von Beziehungen zwischen Menschen verschiedener Sprachen, Konfessionen und Nationen über Ländergrenzen hinweg. Diese Geschichte ist – das gilt es unvoreingenommen wahrzunehmen – auch bestimmt durch Ressentiments, Geringschätzung und Vorurteile, durch Erfahrungen gewaltsamer Konflikte und vielfältigen Unrechts. Nicht selten bestehen noch heute geistige Trennlinien, die der Nationalismus des 19. und 20. Jahrhunderts wie auch die Unrechtsregime des Nationalsozialismus und des Kommunismus verursacht haben. Die großen Gemeinsamkeiten und die Belastungen der Vergangenheit werden gewiss noch längere Zeit fortwirken. Sie zu sehen und verstehen zu lernen ist geboten, um das Bewusstsein für eine friedliche Nachbarschaft in Europa zu sensibilisieren und zu

 

 

 

 

 

 

 

 

schärfen. Das meint „Erinnern und verstehen“... – Einer tragfähigen Friedensordnung in Europa haben von Anfang an auch die Heimatvertriebenen große Bedeutung zugemessen. Die geistige Kraft, aus der dies geschah, war in vielen Fällen der christliche Glaube. Dieser Glaube war richtungweisend für die Formulierung der „Charta der deutschen Heimatvertriebenen“, die am 5. August 1950 in Stuttgart proklamiert wurde. Im Geist des Evangeliums haben die deutschen Heimatvertriebenen darin ausdrücklich von Rache und Vergeltung Abstand genommen, ohne jedoch auf ihr Heimatrecht zu verzichten. Und das war gut so. Sie haben auf der einen Seite keinen Hass geschürt und keiner weiteren Gewaltanwendung das Wort geredet. Auf der anderen Seite haben sie klargestellt, dass man das Recht auf Heimat niemals aufgeben kann, ohne die Menschenrechte selbst in Frage zu stellen. Mit dieser ausgewogenen Position haben sie den Frieden in Europa gefestigt und sind ...unbeirrbar für ein wesentliches Grundrecht des Menschen eingetreten. Sie halten bis heute daran fest, dass Unrecht Unrecht bleibt, ohne sich der Verbitterung auszuliefern. - ...Wir können Geschehenes nicht ungeschehen machen. Das müssen wir in unser Gedenken, in unsere Erinnerung und Trauer hinein nehmen. Wer all die menschlichen Schicksale, das vielfältige Leid, die unfasslichen Geschehnisse um unsere Landsleute verdrängt, der macht sie ein weiteres Mal zu Opfern, zu Opfern des Vergessens. Gerade weil wir in Europa immer mehr in Frieden, gegenseitiger Achtung, Freiheit und Gerechtigkeit zusammenleben wollen, dürfen wir die Vergangenheit nicht vergessen und verdrängen, sondern müssen uns ihrer erinnern und sie verstehen lernen... Um der Zukunft willen brauchen wir eine behutsame und ehrliche Aufarbeitung der eigenen wie der gemeinsamen Geschichte und Vergangenheit. Wir brauchen auf dem Weg  in eine menschenwürdige und lebenswerte Zukunft notwendig Orte der Erinnerung und immer wieder Zeiten und Begegnungsräume der geistig-geistlichen Vergewisserung. Vor allem brauchen wir ein wachsendes Verständnis für die unterschiedlichen Sichtweisen und deshalb eine konstruktive Dialog- und Vermittlungskultur. Wer vor der Vergangenheit die Augen verschließt, wird blind für die Gegenwart. Wer sich der Unmenschlichkeit nicht erinnern will, der ist anfällig für neue Grausamkeiten. Diese grundlegende menschliche Erfahrung will uns das bekannte jüdische Sprichwort ins Bewusstsein rufen: ‚Das Vergessenwollen verlängert das Exil, und das Geheimnis der Erlösung heißt Erinnerung’... Das Vorhaben der Bundesregierung, in Berlin ein ‚Sichtbares Zeichen’ gegen Flucht und Vertreibung zu errichten, ist ein wichtiger Beitrag zu einer verstehenden Erinnerung und ein verantwortungs-bewusster Akt der Solidarität mit den Betroffenen. Alle Opfer von Vertreibungen und Genozid, von Menschenrechts-verletzungen jeder Art brauchen einen Platz im historischen Gedächtnis, auch die Millionen Heimatvertriebenen... Die heutige Generation ... ist zwar nicht verantwortlich für das, was damals geschah, wohl aber dafür, was in der Geschichte daraus wird und wie viel wir für die Zukunft daraus lernen. Denn es gibt eine Solidargemeinschaft nicht nur im Glück und im Erfolg, sondern auch im Leid und im Gedenken, in der Verständigung und in der Pflege einer friedlichen Nachbarschaft zwischen Deutschen und den Menschen in den anderen Ländern Europas und in der Welt.“      - Hk -

 

 

 

 


 

 

.             Weiter zu den Seiten    1.   2.    3.    4.    5.    6.