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Donnerstag 17. Oktober 2002, 18.30 Uhr

Thema: Die Zwangs- und Verbesserungsanstalten in Graudenz 1831-1876.-

Referent Dr. Stefan H a r t m a n n , Berlin

O r t : Hohenzollerndamm 176, 10713 Berlin-Wilmersdorf, "KommunaleGalerie".-

Fahrverbindungen: U-Bahn Fehrbelliner Platz, Bus 101, 104, 115.-


Das Referat beruht auf bisher nicht ausgewerteten Quellen im preußischen Innenministerium und der Regierung Marienwerder, die im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz verwahrt werden. Im Mittelpunkt stehen die ersten vier Jahrzehnte der Geschichte der preußischen Strafanstalt Graudenz, die mit einem Korrigendenhaus verbunden und aus dem Umbau eines ehemaligen Reformatenklosters hervorgegangen war. Die Graudenzer Anstalt war zur Aufnahme aller zu einer Zuchthausstrafe verurteilten Frauen und katholischen Männer aus dem Appellationsgerichtsbezirk Marienwerder bestimmt. Die Ausführungen beschäftigen sich u.a. mit der Sozial- und Altersstruktur der Häftlinge, der Art ihrer Vergehen, den durch die Überbelegung und die ungenügende finanzielle Ausstattung bedingten schlechten inneren Verhältnissen des Zuchthauses, was am Beispiel der Behandlung und Versorgung der Häftlinge sichtbar gemacht wird, deren Einsatz außerhalb der Gefängnismauern bei privaten Unternehmern und der gleichfalls unbefriedigenden Situation des Gefängnispersonals. Wie wenig die preußische Administration geneigt war, den Beschwerden der Gefangenen entgegenzukommen, zeigt sich in einem Gutachten der Regierung zu Marienwerder, das die Abschaffung des an Feiertagen verabreichten Halbbiers empfahl, weil die Heiligung der Festtage vom Gemüt kommen müsse und nicht in Essen und Trinken bestehe.

Aus allem Gesagten ergibt sich, wie beschwerlich und hart das Leben in der Graudenzer Haftanstalt in der Mitte des 19. Jahrhunderts war. Von einem modernen Strafvollzug war man damals eben noch weit entfernt.

* Dr. phil. Stefan H a r t m a n n , Archivdirektor am Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Berlin, geb. 1943 in Kassel, Mitglied des Vorstandes der Historischen Kommission für ost- und westpreußische Landesforschung.